Revolution in weiß
Nach dem wegweisenden Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung hatte uns bereits im Mai aus dem Gesundheitswesen eine zukunftsorientierte Einigung zwischen dem Marburger Bund (Ärzteverband) und der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) erreicht.
Beide Seiten einigten sich auf ein Tarifergebnis, dass die Arbeitsbedingungen in kommunalen Krankenhäusern für Ärztinnen und Ärzte verbessern sollte, ohne die Versorgungssicherheit der Patientinnen und Patienten zu gefährden. Die kurze Zusammenfassung: Wochenenddienste sollen weniger werden, die Arbeitszeiterfassung soll verbessert werden.
Nun wurde die erzielte Einigung von beiden Tarifparteien unterzeichnet (zur Tarifinfo). Die wichtigsten Kernpunkte des neuen TV-Ärzte/VKA kommunaler Kliniken sehen bezüglich der Arbeitszeit folgende Regelungen vor.
Die Arbeitszeiten der Ärzteschaft müssen durch elektronische Verfahren oder auf andere Art mit gleicher Genauigkeit erfasst werden, sodass die gesamte Anwesenheit am entsprechenden Arbeitsplatz dokumentiert werden kann. Die Frage: Was gilt als Arbeitszeit? Die Antwort, die im Tarifvertrag festgeschrieben wurde: „Dabei gilt die gesamte Anwesenheit der Ärztinnen und Ärzte abzüglich der tatsächlich gewährten Pausen als Arbeitszeit. Eine abweichende Bewertung ist nur bei Nebentätigkeiten zulässig, die keine Dienstaufgaben sind, und bei privaten Tätigkeiten des Arztes/der Ärztin.“
Die Mitarbeiter müssen darüber hinaus und zur Überprüfung der dokumentierten Anwesenheitszeiten ein persönliches Einsichtsrecht in die Dokumentation ihrer Arbeitszeiten haben. Diese Transparenz muss unverzüglich gewährleistet werden. Ein weiterer Zusatz: Die Opt-Out-Regelung (Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit) für Ärzte verringert sich von 58 Stunden auf 56 Stunden.
Ab dem 1.1.2020 gelten folgende Regelungen: Die Lage der Bereitschaftsdienste muss in einem Dienstplan geregelt sein. Dieser wird spätestens einen Monat vor Beginn des jeweiligen Planungszeitraumes erstellt und transparent gemacht. Sollte diese Frist nicht eingehalten werden, erhöht sich die Bewertung des Bereitschaftsdienstes um 10 Prozent.
Heißt: Zusätzlich zum vorgeschriebenen Entgelt für die Rufbereitschaft wird demnach ein weiterer Zuschlag von 10 Prozent des Entgelts auf jeden Dienst des zu planenden Folgemonats gezahlt. Wird eine Dienstplanänderung vorgenommen und liegen zwischen der Dienstplanänderung und dem Antritt des Dienstes weniger als drei Tage, wird der Bereitschaftsdienst mit einer zusätzlichen Entgeltbewertung von 10 Prozent bewertet.
Werden Bereitschafts- oder Rufbereitschaftsdienste angeordnet, so sind der betroffenen Ärztin bzw. dem betroffenen Arzt mindestens zwei Wochenenden (Freitag ab 21 Uhr bis Montag 5 Uhr) pro Monat im Durchschnitt innerhalb eines Kalenderhalbjahres ohne Erbringung einer Arbeitsleistung (regelmäßige Arbeit, Bereitschafts- oder Rufbereitschaftsdienste) zu gewähren. Einzige Ausnahme: „Darüber hinausgehende Arbeitsleistungen sind nur zu leisten, wenn andernfalls eine Gefährdung der Patientensicherheit droht.“
Was passiert, wenn die freien Wochenenden innerhalb eines Kalenderhalbjahres nicht gewährt werden konnten? „Auf Antrag sind die nicht gewährten freien Wochenenden innerhalb des nächsten Kalenderhalbjahres zusätzlich zu gewähren, jede weitere Übertragung auf das darauffolgende Kalenderhalbjahr ist nicht möglich. Am Ende dieses zweiten Kalenderhalbjahres müssen alle freien Wochenenden gewährt sein.“ Eines gilt jedoch immer: Ein freies Wochenende pro Monat muss für jeden Mitarbeiter ermöglicht werden.
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Ebenfalls ab dem 1. Januar 2020 wirksam: Die tägliche Arbeitszeit einer Ärztin und eines Arztes kann auf bis zu zwölf Stunden ausgeweitet werden. Allerdings sind in unmittelbarer Abfolge nicht mehr als vier Dienste erlaubt, die mehr als zehn Stunden Arbeitszeit beinhalten. Außerdem dürfen in zwei Kalenderwochen nicht mehr als insgesamt acht über zehn Stunden dauernde Dienste abgeleistet werden. Nach einem Bereitschaftsdienst muss zudem ein Zeitraum von 72 Stunden liegen, ehe die nächste Schicht begonnen werden kann.
Häuser, die bereits proaktiv auf innovative Lösungen gesetzt haben, sehen sich bestens gewappnet hinsichtlich der neuen Regelungen. Thomas Hesse, Personaldirektor und Prokurist im Klinikum Saarbrücken sagt dazu: „Da wir bereits seit Jahren eine flächendeckende elektronische Zeiterfassung haben, sehe ich der Zukunft gelassen entgegen. ATOSS wird es sicherlich gelingen, den Tarifabschluss in unsere Lösung zu integrieren.“ Gleiches gilt auch im Klinikum Leverkusen: „Das Klinikum Leverkusen lebt bereits seit 2011 im ärztlichen Dienst die jetzt auch tariflich manifestierte IST-Arbeitszeiterfassung mittels der ATOSS Softwarelösungen. Die Aufnahme der jetzt getroffenen neuen tariflichen Regelungen, also Mindestzahl an freien Wochenenden, Dienstanzahl pro Periode, ... erfolgt kurzfristig in die bestehenden ATOSS Dienstplananwendungen“, so Detlef Odendahl, Prokurist und Geschäftsbereichsleiter Recht & Personal, Klinische Funktionen.
Gerade bei Themen wie der Einhaltung der Mindestanzahl von freien Wochenenden oder der Beachtung der täglichen Höchstarbeitszeit im Sinne des neuen Tarifvertrages ist ein digitales Workforce Management System eine enorme Bereicherung für Krankenhäuser. Ein solches System umfasst eine moderne Zeiterfassung, Zeitbewertung und Dienstplanung. Die Bewertung der geleisteten Arbeitszeit findet automatisch und unter Berücksichtigung aller relevanten Parameter statt.
Gleichzeitig sind die zeitwirtschaftlichen Daten in Echtzeit in der Dienstplanung ersichtlich. Dadurch bleibt eine verlässliche, rechtmäßige und zugleich am Behandlungsprozess der Patientinnen und Patienten orientierte Personalplanung für Krankenhäuser realisierbar. Zudem wird die Planung durch Warnungsfunktionen bei drohenden Verstößen erleichtert. Entsprechende Berichte und Auswertungen, sei es hinsichtlich neuer Regelungen zum Tarifvertrag oder auch zur gesetzlichen Personaluntergrenze im Pflegedienst, lassen sich ganz einfach auf Knopfdruck erstellen.